Jonas Weichsel
Indigo Extra
Sep 9 – Oct 21, 2017

Wenn man sich dem Alltag von Jonas Weichsel nähern mag, gibt es eigentlich nur einen Ort, der dafür geeignet ist. Weichsel ist ein Künstler, den man mit gutem Gewissen in die Kategorie „Studiomensch“ einsortieren darf. Hier, in seinem perfekt organisierten Labor, trifft man ihn. Oft auch nachts, immer „bei der Arbeit“. Der einfache Panoramablick genügt, um die Besonderheit seiner Studiosituation zu erfassen. Allein die präzise „Choreografie“ der Neonröhren an der Decke spricht für sich.
Während am Morgen – ganz im Sinne von Ad Reinhardt – erst einmal die Post erledigt wird, um die Banalität der Lebensorganisation noch vor Arbeitsbeginn von sich abzustreifen, klingelt auch schon das Mobiltelefon. Die Spezialanfertigung eines Pinsels liegt zur Abholung bereit. Mit einem standardisierten Werkzeug einfach drauf los zu malen kommt für Weichsel überhaupt nicht mehr in Frage. Längst sind seine Bedürfnisse über das Sortiment der Künstlerbedarf-Hersteller hinausgewachsen. „Push the limits“ beschreibt auf deutliche Weise die Vereinbarung, die der Künstler mit seiner Kunst getroffen hat.
Jonas Weichsel ist für mich eine Art Archäologe der Malerei mit chirurgischer Präzision. So geht jedem Werk eine ausführliche Studienphase mit akribischer Buchführung voraus, die dem Künstler Aufschluss über die Möglichkeiten seines Materials gibt. Mit Blick für den Zusammenhang werden die Bildprozesse sukzessive verfeinert, wieder verworfen, neu angepasst und schließlich von ihm selbst ausgeführt.
Wenn Weichsel an einem Bildthema arbeitet, hat es sich allerdings noch nicht mit der einmaligen Ausführung erledigt. So kommt es vor, dass eine bereits gefundene Formanordnung über Jahre zum Erprobungsfeld für unterschiedlichste Farbkonstellationen und Oberflächenversuche avanciert. Beispielhaft für diese Arbeitsweise stehen die Bilder Oc Goldgrün und Tc Pin Asphalt, welche als verdichtete Varianten früherer Malereien in seiner aktuellen Einzelausstellung Indigo Extra in der Galerie Parisa Kind zu sehen sind. Diese bilden eine Art Genealogie zu den bereits 2013 dort gezeigten Gemälden Tc Krapp und Tc Pin. Weichsel selbst spricht in diesem Zusammenhang jedoch eher von Vorfahren, statt von Varianten. In unserem Interview formuliert er treffend: „Man könnte auch sagen, die Bühne (Komposition) steht noch unverändert im Raum, die darauf aufgeführte Performance (Bilderscheinung) ist eine ganz andere.“
Ein hohes Maß an handwerklichem Können und eine unnachgiebige Skepsis gegenüber sich selbst und dem eigenen Medium sind verantwortlich für die exklusive Präsenz seiner neuesten Bilder, welche die Grenzen des Handgemachten beinahe ungewollt zur Schau stellen.

Text: Arthur Löwen