MOHAMED BOUROUISSA
Nasser
Oct 31 - Nov 28, 2020

MOHAMED BOUROUISSA
Nasser
Oct 31 - Nov 28, 2020

Wir freuen uns den diesjährigen Preisträger des Deutsche Börse Photography Foundation Prize 2020 Mohamed Bourouissa in einer Einzelausstellung mit dem Titel „Nasser“ zu präsentieren.

Der französische Künstler mit algerischen Wurzeln (geb. 1978) beschäftigt sich in seinen Fotoarbeiten, Videos, Zeichnungen und Skulpturen mit in Suburbs lebenden Menschen und „Outsidern“, die fern von den Zentren der Großstädte eigene Lebensentwürfe, Regeln und Gesetze aufstellen.
Mit einer Balance aus Zugehörigkeit, aber auch dokumentarischer Distanz, bringt Bourouissa diese für uns oft verschlossenen Welten zum Vorschein. Dabei nimmt er nie eine wertende Haltung gegenüber den Protagonisten ein, sondern involviert sich in die Gruppen und das Geschehen und fügt sich als Teil des Ganzen in die jeweilige Situation ein.In dieser Ausstellung zeigen wir Werke aus drei verschiedenen bedeutenden Werkserien Bourouissas. Die komplette Fotoserie mit dem Titel „Shoplifters“, eine neue Wandskulptur und Papierarbeiten aus der „Horse Day“ Werkserie, sowie die Videoarbeit „Nasser“, nach welcher die Ausstellung betitelt ist.

Ausgangspunkt der 20-teiligen Fotoserie „Shoplifters“ (2014-2015) sind Fotografien von zumeist dunkelhäutigen Männern oder Frauen, die vom Manager eines Supermarkts in Brooklyn in Form von Polaroids angefertigt und daraufhin als Abschreckung für Nachahmer*innen im Fenster des Geschäfts zur Schau gestellt wurden. Bei den Dargestellten handelt es sich um Ladendiebe mitsamt ihrem Diebesgut. Bei den gestohlenen Produkten handelt es sich allerdings keineswegs um Luxus- oder etwa Elektroartikel, sondern um Lebensmittel wie Eier, Obst oder Dosenbier - Lebensmittel, die mehr oder weniger zur Grundversorgung eines Menschen zählen. Fasziniert von diesen seltsamen Porträts und der fragwürdigen Aktion, überzeugte er den Manager diese abfotografieren zu dürfen. 

Für „Horse Day“ (2014-2016) arbeitete Bourouissa mit Mitgliedern der Gemeinschaft eines Vororts in Philadelphia zusammen. In einer monatelangen Vorbereitungszeit ließ er den dort ansässigen, zum Zeitpunkt von den Behörden aber geschlossenen Pferderennclub, den „Fletcher Street Urban Riding Club“, für einen besonderen Wettbewerb wiederaufleben. Die Aktivitäten des selbstorganisierten Rennclubs bestanden darin, Pferde und Ponys von einem Schlachtbetrieb aufzukaufen und diese einem sogenannten "Pferdetuning“ zu unterziehen - ein Begriff, der uns aus dem Automobilbereich vertraut ist - um sie schlussendlich in einem Rennen gegeneinander antreten zu lassen. Für den von dem Künstler initiierten Wettbewerb, tat er sich mit den Reitern zusammen, um ein Ereignis für die Wahl des schönsten Pferdes zu organisieren und involvierte lokale Künstler*innen, die hierfür das Prunkgeschirr für die Pferde anfertigten. Das entstandene Video „Horse Day“ enthält größtenteils Aufnahmen des täglichen Lebens der Protagonisten. Seinen Höhepunkt erreicht diese Arbeit in dem inszenierten Wettbewerb der Reiter, der stark an die Idee des klassischen Cowboys und Indianers des „American West" erinnert. Aus dieser Serie zeigen wir Skizzen in Form von Collagen und Zeichnungen sowie eine großformatigen neue Wandskulptur bestehend aus gebrauchten Autoteilen, die mit Abbildungen bedruckt sind und im weiteren Zusammenhang mit dieser Serie steht („Chill in Fairmont“, 2020).

Im Mittelpunkt der Videoarbeit „Nasser“ von 2015, steht Bourouissa und sein Onkel namens Nasser. Bourouissa filmt diesen, während der Onkel den Inhalt eines behördlichen Dokuments in französischer Sprache vorliest. Der unbeholfen wirkende Mann, der sichtlich Schwierigkeiten hat, dem Inhalt des Textes mit für ihn fremden Regeln und Gesetzen zu folgen, spiegelt auf simple wie bedrückende Weise wider, wie Sprachbarrieren das Gefühl von Ausgrenzung und Fremdheit manifestieren. 


Mohamed Bourouissa wurde 1978 in Blida, Algerien geboren und lebt und arbeitet in Paris. Seine Arbeiten wurden in zahlreichen Einzelausstellungen ausgestellt, unter anderem dem Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris, Centre Pompidou (Paris), Stedelijk Museum (Amsterdam); Basis (Frankfurt am Main), Haus der Kunst (München) und FRAC Franche-Comté (Besançon). Er war Teilnehmer verschiedener Biennalen, darunter der Marseille, Sydney, Sharjah, Havanna, Lyon, Venedig, Algier, Liverpool und Berlin Biennale sowie der Mailänder Triennale. 2018 wurde er für den Marcel-Duchamp-Preis nominiert. Aktuell erhielt er den Preis der Deutsche Börse Photography Foundation. 

Werke Bourouissas befinden sich unter anderem in folgenden öffentlichen Sammlungen und Institutionen: Fondation Louis Vuitton, Paris, Burger Collection, Hong Kong, KADIST Art Foundation, Paris, Musée d’Art moderne de la Ville de Paris, FRAC Bretagne, Rennes, FRAC Franche-Comté, Besançon, Fondation Sindika Dokolo, SFMoMa, Stedelijk Museum, Amsterdam, Pinault Collection, Paris, LACMA, Los Angeles, Philadelphia Museum of Art, Philadelphia, Centre Pompidou, Paris.